Rede des Stadtverordneten Reinhard Stammwitz zu Diesel-Fahrverboten NR 657 (Plenarsitzung 27.09.2018)

Frau Vorsteherin,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Der 40‑Mikrogramm‑Grenzwert wird in Frankfurt deutlich überschritten, deswegen das Fahrverbot. Herausstellen möchte ich, dass Grenzwerte über Abgase auf der Basis von Annahmen festgelegt werden und keineswegs auf Basis von total abgesicherten Fakten bezüglich Gesundheitsgefährdung und technisch Machbaren. Es gibt gute Gründe, die EU‑Grenzwerte anzuzweifeln. Vieles spricht dafür, dass uns Null‑Schadstoff-Illusionisten durch ein Spiel über EU‑Bande sehr niedrige Grenzwerte beschert haben. Wie wir jetzt wissen, war man hiermit sehr erfolgreich.

(Beifall)

Die bisherigen Diesel‑Urteile hat der Verein Deutsche Umwelthilfe erstritten. Die Klägerin hat bereits weitere Klagen avisiert. Damit wird es bald in ganz Deutschland Diesel‑Fahrverbote geben. Da 15 Millionen Dieselbesitzer auch Wahlbürger sind, droht dieses Dieseldebakel demnächst auch zu einem Wahldebakel zu werden. Nicht für die AfD, wie Sie sich vorstellen können, wohl aber für die Parteien, die seit Jahrzehnten regieren.

(Beifall)

Diese Parteien gerieren sich einerseits als Umwelthelden: Sie sind es, welche a) die Rechtslage herbeigeführt haben und b) der DUH, einem Lobbyverein von Ökoaktivisten, erst 2008 zu einem Klagerecht verholfen haben. Andererseits sind es aber genau diese Parteien, welche die fatalen Grenzwertüberschreitungen zu verantworten haben. Welch eine Ironie, dass nun ausgerechnet diese Pharisäer dazu genötigt sind, gegen Diesel‑Urteile Klage zu erheben.

(Beifall)

Insgesamt ist die NO2‑Belastung trotz steigendem Verkehrsaufkommen in den letzten 25 Jahren um 60 Prozent gesunken, und der Trend hält an. Gleichwohl wird in vielen Städten, so auch in Frankfurt, der Grenzwert überschritten. Wie ist das zu erklären? Liegt es an der Schadstoffmessung? Oder liegt es am Versagen bei der Schadstoffbekämpfung?

Zur ersten Frage, der Schadstoffmessung: Schon 2016 wurde vor dem Abgasuntersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages darauf hingewiesen, dass Deutschland, anders als andere EU‑Staaten, die Normen für die Messstelleneinrichtung häufig nicht einhält und die verkehrsnahe NO2‑Konzen-tration an besonders ungünstigen Stellen misst. Ob in Frankfurt die Messstationen regelkonform platziert sind, vermag ich nicht zu beurteilen. Aber ich verweise auf einen Presseartikel, der aufzeigt, dass dies in sehr vielen deutschen Städten der Fall ist.

Zur zweiten Frage, der Schadstoffbekämpfung: Der geltende NO2‑Grenzwert wurde bereits im Jahr 2002 vom Bundestag bestätigt. Wie kann es sein, dass in Frankfurt der Grenzwert nach über 15 Jahren immer noch deutlich überschritten wird? Wer hat in welcher Weise versagt? Das Thema ist zu komplex, um einen einzigen Schuldigen auszudeuten. Tatsächlich hat sowohl die Politik, und zwar auf allen Ebenen, als auch die Industrie versagt, jeder auf seine Art.

(Beifall)

Die deutsche Autoindustrie jedenfalls produziert weltweit die Autos mit den geringsten Kraftstoffverbräuchen und dem geringsten Ausstoß an Schadstoffen wie Feinstaub und NO2. Gleichwohl hat sie schuldhaft zur akuten Misere mit Dieselautos beigetragen. Vor allem aber hat sie zwei Dinge versäumt. a) sie hat versäumt, rechtzeitig für einen dem realen Straßenverkehr angepassten Prüfzyklus zu sorgen. b) sie hat versäumt, sich dafür einzusetzen, dass die von der EU übernommenen Abgaswerte nicht am grünen EU‑Tisch von Ökoideologen festgelegt, sondern den realen naturwissenschaftlichen und technischen Möglichkeiten angepasst werden.

(Beifall)

Zweitens: Die Politik auf Bundesebene hat versagt, weil sie das Dieselgate ermöglicht hat. Besonders ärgerlich, jahrelang pries die Politik den Diesel‑Pkw als besonders umweltfreundlich, jetzt wird er verteufelt.

Drittens: Die Politik auf Landesebene hat versagt, weil sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu wenig zur Reduzierung von Schadstoffemissionen beigetragen hat. Betrachtet man die Emittenten, so nimmt zum Beispiel Fraport bei NOX einen Spitzenplatz ein, dennoch unterstützen Stadt und Land den Flughafenausbau und ignorieren dabei auch zusätzlich noch das Umweltgift Fluglärm.

Nun zur Politik auf Stadtebene: Diese hat versagt, weil sie insgesamt zu wenig in Sachen Luftreinhalteplan unternommen hat. Hierzu passt: Bereits am 14.10.2016 hat die AfD den Magistrat aufgefordert, ein ganzheitliches Konzept zur Einhaltung der NO2‑Grenzwerte vorzulegen. Laut Antrag NR 133 sollen in diesem Konzept „sämtliche potenziellen Emissionsquellen angemessen berücksichtigt werden“. Aber AfD‑Anträge werden aus Prinzip abgelehnt – welch eine Ignoranz.

(Beifall)

Nun kennen wir die Ursachen und die Schuldigen. Wie aber soll nun ganz konkret mit den Dieselfahrverboten umgegangen werden? Gestatten Sie mir vorab eine Klarstellung: Wir reden bundesweit über 15 Millionen Dieselbesitzer, deren Fahrzeuge ordnungsgemäß zertifiziert und zugelassen wurden. Diesen droht nun durch Fahrverbot eine staatlich verfügte Enteignung beziehungsweise Wertevernichtung. Die AfD ist der Ansicht, dass Dieselbesitzer am Dieseldebakel keinerlei Schuld trifft.

(Beifall)

Unser oberstes Leitprinzip ist deshalb: Den Dieselbesitzern darf bei der Lösung der Dieselkrise, egal wie diese aussehen wird, keinerlei Schaden entstehen. Konkret positionieren wir uns wie folgt. Erstens: Wir unterstützen die geplante Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten. Zugleich verurteilen wir jene Politik, der wir die Diesel‑Urteile verdanken. Zweitens: Wir fordern eine Einflussnahme über die Parteischienen mit dem Ziel, in Brüssel eine zusätzliche Fristverlängerung der Grenzwerte zu erzielen. Diese ist notwendig, da bei der Festlegung der Grenzwerte der technische Fortschritt einfach zu optimistisch prognostiziert wurde – offensichtlich. Drittens: Wir fordern eine Überprüfung sämtlicher Messstationen. Bekanntlich wird in vielen deutschen Städten nachweislich gegen Normen verstoßen. Viertens: Wir fordern mehr Nachdruck bei der Ausschöpfung sämtlicher Handlungsoptionen zur Luftverbesserung. Manches sollte dabei zusätzlich oder neu gedacht werden oder wieder neu gedacht werden, so zum Beispiel statt Stadtautoverkehr einseitig zu drangsalieren, sollte es eine kluge Steuerung des Verkehrsflusses geben. Viel Stau und viel sinnloser Halt vor Ampeln bedeutet viel NO2. Statt den Flugverkehr auszuweiten, sollten Stadt und Land auf einen raumverträglichen Flughafen setzen.

(Beifall)

Zu guter Letzt lege ich für die AfD noch ein Bekenntnis ab. Erstens: Die AfD steht an der Seite der Dieselfahrer, die von grüner Ideologiepolitik bedroht sind. Zweitens: Die AfD steht hinter der Dieseltechnologie. Hier hat Deutschland einen technologischen Spitzenplatz, den es zu erhalten und auszubauen gilt. Es geht um Hunderttausende hoch qualifizierte Arbeitnehmer, die viele Steuern zahlen und das Sozialsystem stützen.

(Beifall)

Die deutschen Dieselmotoren sind besonders sparsam im Verbrauch und haben einen hohen Wirkungsgrad. Das Potenzial, den NO2‑Ausstoß signifikant zu reduzieren, ist vorhanden. Bereits bei der Abgasnorm Euro 6 ist dies festzustellen. Im Übrigen kann ich allen Autofahrern nur empfehlen, bei nächsten Wahlen darauf zu achten, wer die Dieselfahrer an der Nase herumgeführt hat, wer Autofahrer auf mannigfaltige Weise drangsaliert und wer die Zukunftsfähigkeit des Industrielandes Deutschland mit überzogenen Ökozielen gefährdet.

Danke schön fürs Zuhören!

(Beifall)