Rede des Stadtverordneten Patrick Schenk in der Debatte zur Abberufung der Dezernenten am 15.07.2021

Frau Vorsteherin,

meine sehr verehrten Damen und Herren!

Die heutige Abwahl der Dezernenten Birkenfeld, Becker, Schneider und Oesterling ist der Bildung der neuen Römer‑Koalition aus GRÜNEN, SPD, Volt und FDP geschuldet. Neue Mehrheiten und Koalitionen im Parlament, das ist angesprochen, ergeben eben auch oftmals neues Personal auf der Magistratsbank. Dies ist ein normaler Vorgang in einer Demokratie und kann von der einen Seite bedauert oder von der anderen Seite auch begrüßt werden. Auf jeden Fall muss er akzeptiert werden. Man muss es andererseits auch nicht machen, und ich erinnere an dieser Stelle hier an die beiden Dezernenten Ernst Gerhardt von der CDU und Hilmar Hoffmann von der SPD, die trotz anderer politischer Mehrheiten im Amt als hauptamtliche Stadträte blieben. So etwas geht eben auch, wenn man es denn will.

Die AfD‑Fraktion wird sehr differenziert bei den jeweiligen Wahlen abstimmen, und unser Votum zu den einzelnen Abwahlanträgen wird nicht immer einheitlich sein.

(Beifall)

Nun aber zu der Abwahl der betroffenen Dezernenten im Einzelnen, und beginnen möchte ich mit Frau Professor Dr. Birkenfeld, die ich seit über 20 Jahren kenne. Ich selbst habe Daniela Birkenfeld im Sozialausschuss stets als kompetente und sachkundige Dezernentin erleben dürfen. Nie scheute sie sich, sich auch unangenehmen Diskussionen zu stellen, ob es die bisweilen schwierige Situation bei den Fahrdiensten für mobilitätseingeschränkte Menschen oder den Häusern des Jugendrechts, bei der etwas schleppenden Fortschreibung der partizipativen Altersplanung oder die Situation in den vielen Frankfurter Jugendhäusern war: Daniela Birkenfeld verlor nie die Interessen sowohl der Jugendlichen als auch der Seniorinnen und Senioren aus den Augen. Allein dafür gebührt ihr schon ein ganz herzlicher Dank.

(Beifall)

In der sogenannten Flüchtlingskrise des Jahres 2015 und bis weit in das Jahr 2016 hinein zeigte sie großes Organisationstalent und steckte viel Arbeit in die schwierige Aufgabe der Unterbringung von Tausenden Asylsuchenden. Es ist kein Geheimnis, dass sich die AfD‑Fraktion ein mutigeres Auftreten gegenüber Bund und Land gewünscht hätte, um deutlich zu machen, dass es auch in der Stadt Frankfurt eben nicht für alle und jeden Platz gibt. Dies sah und sieht man an der Schwierigkeit der Unterbringung von Asylsuchenden noch heute sowie an der Schwierigkeit einer gelingenden Integration der vielen anerkannten Flüchtlinge in unserer Stadt. Frankfurt ist in der Fläche und von der Anzahl der Wohnungen her sehr begrenzt. Insofern ist auch eine Begrenzung der Zuwanderung ein Gebot der Vernunft, und Daniela Birkenfeld hat immerhin selbst deutlich gemacht, wie schwer die Unterbringung von Asylsuchenden in Frankfurt ist und auch bleiben wird.

Hinsichtlich der immer noch nicht restlos aufgeklärten AWO-Affäre half Daniela Birkenfeld bei der Aufklärung mit. Den Mitgliedern des Akteneinsichtsausschusses machte sie Unterlagen zugänglich, die sie selbst und Mitglieder ihres Dezernates zu belasten drohten. Dies ist wahrlich keine Selbstverständlichkeit. Und so manch anderer Dezernent kann sich davon eine Scheibe abschneiden. Daniela Birkenfeld, und Nils Kößler sagte es und ich wiederhole es hier gerne, hinterlässt, was die von ihr zu verantwortenden Ressorts angeht, große Fußspuren. Es ist uns daher ein wichtiges Anliegen, ihr im Namen der Fraktion, aber auch von mir ganz persönlich, für ihr Engagement und die vergangenen gemeinsamen Jahre von Herzen zu danken, und wir wünschen ihr hier von dieser Stelle für die Zukunft alles erdenklich Gute.

(Beifall)

Bürgermeister Uwe Becker trat 2007 das Amt des Kämmerers der Stadt Frankfurt an. Er folgte, man höre und staune, auf seine Vorgänger Albrecht Glaser und Horst Hemzal, deren Namen heute unweigerlich eng mit der AfD verbunden sind. Insofern besteht die Hoffnung ‑ ich gebe die Hoffnung nicht auf ‑, dass auch Uwe Becker eine späte Einsicht dahin gehend zuteilwerden wird,

(Zurufe)

dass finanzieller Sachverstand, mehr verlange ich von ihm gar nicht, ein Markenzeichen der AfD ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zurufe)

Vergesst nicht eure sehr guten Kämmerer, liebe Freunde von der CDU. Die von der Kämmerei eingebrachten Haushalte der letzten Jahre waren allerdings immer wieder defizitär. Die Rücklagen der Stadt gingen weit zurück, im nächsten Jahr werden sie wohl schon aufgebraucht sein. Der Schuldenstand der Stadt erhöhte sich von 1,47 Milliarden Euro 2016 auf über zwei Milliarden Euro 2019. Nur den seit Jahren extrem niedrigen Zinsen ist es zu verdanken, dass die Schulden nicht allzu sehr den Haushalt belasten. Uwe Becker war also kein sparsamer Kämmerer. Der viel zitierte Satz „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“ fand keine Anwendung. Wäre man in der Vergangenheit nur etwas sparsamer mit den Steuergeldern der Frankfurter Bürger und Frankfurter Unternehmen umgegangen, hätten wir heute und morgen nicht diese Defizite, die genehmigungsfähige Haushalte in Zukunft immer unwahrscheinlicher werden lassen. Wir müssen leider davon ausgehen, dass sich der neue Kämmerer eher an den Schwächen als an den auch unzweifelhaft vorhandenen Stärken von Uwe Becker orientieren wird. Der neuen schönen grünen Welt soll es ja schließlich an nichts mangeln und schon gar nicht am Geld. Dies aber wäre für unsere Stadt fatal.

(Beifall)

Die oft sehr unsachliche und zumeist völlig überzogene Kritik von Uwe Becker an der AfD, gerade auch in diesem Hause und gerade auch gegenüber den Kolleginnen und Kollegen der Vorgängerfraktion, hat zur Folge, dass das Votum über den Abwahlantrag nicht einheitlich ausfallen wird. Trotz allem haben wir die Größe, hier und heute Uwe Becker für den persönlichen Lebensweg in der Zukunft alles Gute zu wünschen.

(Beifall)

Jan Schneider lernte ich persönlich als frischgebackenen Fraktionsvorsitzenden der CDU‑Fraktion im Ortsbeirat 12 kennen. Er ist das Paradebeispiel einer Politikerkarriere von der Universität zu den Geldtrögen der Mandate. Man könnte das auch verkürzt im Dreisatz wiedergeben: Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal. Mit Blick gerade auf die jungen Koalitionäre von Volt rate ich Ihnen: Lassen Sie sich das eine Warnung sein.

(Beifall)

Jan Schneiders Amtszeit als hauptamtlicher Stadtrat könnte man politisch so bilanzieren: Als Tiger gestartet, als Bettvorleger gelandet. Als das neue Gesicht der CDU, als Senkrechtstarter, als Liegenschaftsexperte und Digitalisierungsmanager sollte er die Stadt im 21. Jahrhundert ankommen lassen. Wer sich jedoch die Entwicklung hinsichtlich neuer Schulbauten und der Suche nach geeigneten Flächen anschaut, den Dauerstreit mit der Bildungsdezernentin und das peinliche Gehabe bei der seit Jahrzehnten besetzten Liegenschaft In der Au sowie die Blamage um den seinerzeitigen Wechsel des Leiters des ABI betrachtet, der kann hier echte Erfolge von Jan Schneider nicht erkennen. Aber auch Jan Schneider wünschen wir für die Zukunft alles Gute und freuen uns auf seinen Nachfolger, wer das dann wohl auch immer sein mag.

(Beifall)

Zu guter Letzt noch einige Worte zu unserem scheidenden Verkehrsdezernenten Klaus Oesterling. Auch wenn er im Großen und Ganzen eine Verkehrspolitik insbesondere im Hinblick auf den Kfz-Verkehr wie ein Geisterfahrer am Mainkai betrieb, so haben wir ihn doch auch schätzen gelernt. Schon als Oppositionsführer war er durch seine humorvolle Art, seine rhetorischen Fähigkeiten, das ist unbestritten, Ursula Busch, und sein manchmal kantiges, aber selten verletzendes und immer authentisches Auftreten anerkannt. Seine natürlich nur sehr selten geschlossenen Augenlider, bei so mancher Rede unseres Oberbürgermeisters, aber auch anderer Mitglieder hier im Plenum, strahlten eine große Ruhe und Souveränität aus, und Sie werden uns, zumindest von der AfD‑Fraktion, sehr fehlen. Als Politiker der alten Schule, der den Humor und die Menschlichkeit auch auf der Magistratsbank nicht abgelegt hat, werden wir Klaus Oesterling vermissen und wünschen auch ihm für den bevorstehenden Ruhestand alles Gute.

(Beifall)

Dass Markus Frank schon im Vorfeld der Kommunalwahl erklärte, für eine Wiederwahl als Stadtrat nicht zur Verfügung zu stehen, spricht entweder für seine Schlitzohrigkeit und Weitsicht oder war parteiinternen Absprachen geschuldet, für die es ja jetzt eigentlich gar keine Gründe mehr gibt. Wie dem auch sei, der Vollständigkeit halber bedanken wir von der AfD‑Fraktion uns auch bei ihm für seine geleistete Arbeit als Ordnungs-, Sport- und Wirtschaftsdezernent. Und da du hier bist, lieber Markus, darf ich von der Stelle ganz persönlich sagen, alles Gute für dich. Wir sehen uns in Schwanheim.

In diesem Sinne abschließend auch noch einmal an die Kollegen der CDU‑Fraktion ein herzliches Willkommen in der bürgerlichen Opposition. Wir sind gerne bereit, beim Reinfinden in diese Oppositionsrolle zu helfen.

Vielen Dank!