Rede des Stadtverordneten Markus Fuchs zur Ächtung angeblich rassistischer Begriffe (Antrag NR 198 der FRAKTION: „Ächtung des N*Wortes und des M*Wortes gemäß den Zielen der UN-Dekade für Menschen afrikanischer Abstammung“)

Markus FuchsSehr geehrter Herr Vorsteher,

meine Damen und Herren!

Herr Medoff hat recht, wir standen ziemlich genau vor vier Jahren im Römer, es war der 01.03.2018, und behandelten die Vorlage K 74 der KAV zum Thema Mohren‑Apotheke.

(Zurufe)

Ja, wir haben damals darüber gesprochen. Die Rede könnte ich eigentlich fast wortgleich wiederholen. Keine Angst, ich tue es nicht. Die Diskussion war damals sehr intensiv, kann ich mich erinnern. Es ging um die Deutungshoheit über die Begriffe und unter anderem um die Frage, ab wann ein Begriff denn rassistisch ist. Die Frage ist eben auch immer, ob es die Intention des Sprechers ist, die einen Begriff zum rassistischen Begriff macht, und nicht das Wort als solches.

Frau Ayyildiz von der LINKE.‑Fraktion meinte damals der Presse gegenüber, wenn People of color sagen, ein Begriff ist rassistisch, dann ist er rassistisch. Das kann man so sehen, muss man aber nicht. Die Antwort darauf kam ausgerechnet von einem Journalisten, der in der Rundschau schrieb – die jetzt nicht unbedingt dafür bekannt ist, das Zentralorgan der AfD zu sein -, ich zitiere Herrn Reinhard Mohr, der heißt leider so, ist halt so: „Also Ende Gelände, Schluss der Debatte. Dann ist aber auch Schluss mit dem ‚herrschaftsfreien Diskurs‘ von Jürgen Habermas, Schluss mit Aufklärung, Pluralismus und Meinungsstreit. Dann definiert im Zweifel die jeweils einflussreichste, lautstärkste und professionellste Pressure-Group, was als unumstößliche Wahrheit zu gelten hat.“ Und weiter – jetzt hören Sie gut zu -: „Man stelle sich vor, die rechte Bewegung der ‚Identitären‘ nähme dieselbe Logik für sich in Anspruch und dekretierte: ,Wenn wir sagen, ein Wort ist unpatriotisch, dann ist das so‘.“

Ich will jetzt nicht noch einmal näher auf diese Diskussion eingehen. Ich wollte nur verdeutlichen: Es ist nicht immer so einfach, wie es manche hier hinstellen.

(Beifall)

Zum Antrag selbst erst einmal formal: Sie schreiben, das N-Wort und das M‑Wort sollen geächtet werden. Also ganz ehrlich, ein Antrag, in dem nicht einmal im Antragstenor drinsteht, was man eigentlich beschließt, ist schlicht und einfach juristischer Unsinn.

(Beifall)

Sie schreiben es dann in der Fußnote, da steht es drin: „Begriffsklärungen: Mit N‑Wort wird der rassistische Begriff ‚Neger‘ umschrieben. Mit dem M‑Wort wird der rassistische Begriff ‚Mohr‘ umschrieben.“ Also haben Sie dann doch keine Scheu, es hinzuschreiben. Dann hätten Sie es auch in den Antragstenor hineinschreiben können.

(Zurufe)

Ja, das ist immer so, wenn man nicht mehr weiterweiß, dann schreit man „Rassist“. Das ist ein bisschen intellektuell unterkomplex.

(Beifall, Zurufe)

Entscheidend ist: Im Antragstenor muss drinstehen, was man beschließt, aber wie gesagt haben Sie dann anscheinend doch kein Problem, es hineinzuschreiben, nur nicht in den Antragstenor. Interessant ist ja auch: Es heißt hier die ganze Zeit immer N, M, N, M. Was kommt als Nächstes? A, B, C? Wenn Sie nicht einmal in der Lage sind, hier in der Diskussion die Wörter auszusprechen, tut mir leid, das ist infantil. Das muss ich einmal so sagen, das ist infantil.

(Beifall)

Vor allem zeigt sich, dass es mit Politik nichts zu tun hat. Das ist magisches Denken. Es gibt einen Begriff, der darf nicht ausgesprochen werden, sonst passieren ganz schlimme Dinge. Da haben wohl einige von Ihnen zu viel Harry Potter geschaut. Der Mann, dessen Name nicht erwähnt werden darf: Voldemort. Mit Verlaub, wenn man nicht einmal in einer Diskussion in der Lage ist, die Wörter auszusprechen, dann ist das magisches Denken, hat mit Politik aber herzlich wenig zu tun.

(Beifall)

Ein grundsätzliches Problem dieses ganzen Antrags ist, und da geht es gar nicht einmal um diese Wörter, generell das Thema Sprache. Glauben Sie allen Ernstes, dass Sie mit sprachpolizeilichen Regelungen irgendwas erreichen? Für wen legen Sie das dann fest? Für die Verwaltung wohl kaum, weil die diese Begriffe nicht benutzt. Übrigens kenne ich auch eigentlich so gut wie niemanden, der diese Begriffe tatsächlich im aktiven Wortschatz benutzen würde.

(Zurufe)

Ich wahrscheinlich? Das sagen Sie einfach so. Das ist schlicht und einfach eine dreiste Behauptung. Das ist Ihr Weltbild, das Sie haben, und das darf natürlich nicht angekratzt werden, das ist mir schon klar.

(Beifall, Zurufe)

Wen wollen Sie damit erreichen? Die Bürger? Ja, die, die das genauso sehen, müssen Sie damit nicht erreichen, und die, die das anders sehen, werden Sie damit nicht erreichen. Letztendlich ist auch jede sprachliche Regulierung schlicht und einfach eine Anmaßung. Sprache unterliegt gesellschaftlichen Entwicklungen. Das ist nun einmal so. Die Gesellschaft entscheidet letztendlich, was akzeptabel ist und was nicht, aber nicht Parlamente entscheiden, was sprachlich akzeptabel ist. Wenn der Staat anfängt, Sprachregulierung zu betreiben, dann ist das brandgefährlich. Staatliche Sprachregulierung ist für gewöhnlich ein Zeichen von totalitären Systemen. Sie öffnen hier die Büchse der Pandora. Davor kann ich nur dringend warnen. Was Sie hier machen, ist brandgefährlich.

(Beifall)

Noch ein letztes Wort zum Antragsteller: Die FRAKTION hat hier nur ein Ziel, sie will die Koalition vorführen. Das kann man machen. Das ist im parlamentarischen Betrieb jetzt nichts so Ungewöhnliches. Nur soll man sich dann nicht so hier hinstellen und so tun, als würde man aus moralischen Gründen handeln. Das ist lächerlich, das ist eine moralische Selbstüberhöhung, die gerade Ihnen überhaupt niemand abnimmt. Ich sage nur so viel: Wer moralisch auf einem hohen Ross sitzt, muss aufpassen, dass er nicht tief fällt.

Vielen Dank!

(Beifall)