Rede des Stadtverordneten Markus Fuchs zum Magistratsvortrag M 209 („Europäischer Paulskirchenpreis für Demokratie“)

Sehr geehrter Vorsteher,

meine Damen und Herren!

Eigentlich gingen wir davon aus, dass die Magistratsvorlage M 209 zur Schaffung eines Paulskirchenpreises von einer der Koalitionsfraktionen oder gar vom Magistrat selbst angemeldet werden würde. Wir waren aber dann doch etwas überrascht, dass ebendas nicht getan wurde. Deswegen haben wir die Vorlage so kurzfristig auf die Tagesordnung I setzen lassen. Gerade angesichts der angestrebten Bedeutung eines solchen Preises waren wir auch darüber überrascht, dass in den zuständigen Fachausschüssen dieser Preis kein großes Thema war. Sowohl der Ausschuss für Kultur, Wissenschaft und Sport als auch der Ausschuss für Diversität, Zusammenhalt, Beteiligung und Europa – was für ein Name! – hat die Beratung dieser Vorlage auf den Haupt- und Finanzausschuss delegiert, und dieser hat die Vorlage dann wiederum auf den Ältestenausschuss delegiert, wo er nun wahrlich nicht hingehört. Es war vorab zu vernehmen, dass alle diesen Preis für eine ganz tolle Sache halten. Aber warum haben Sie die Vorlage dann nicht in den zuständigen Ausschüssen votiert, warum musste die Votierung bis heute hinausgezögert werden? Da stellt man sich dann schon die Frage, warum denn die Koalitionsfraktionen offensichtlich noch einen internen Beratungsbedarf hatten. Gab es vielleicht doch Dissense? Wir werden es wohl nie erfahren. Aber das Verhalten des Magistrats hat uns etwas irritiert. Da will man einen Preis von internationaler Bedeutung schaffen und sogar den Bundespräsidenten als Schirmherrn gewinnen und dann soll ein solcher Preis irgendwie zwischen Tür und Angel und beinahe unbemerkt über die Tagesordnung II ins Leben gerufen werden. Auch die Eile erschließt sich uns nicht so wirklich. Dass das Paulskirchenjubiläum nächstes Jahr bevorsteht, ist nun wirklich keine Überraschung. Da fiel dem Magistrat dann Ende November plötzlich ein, diesen Preis noch schnell vor Jahresende den Stadtverordneten zur Entscheidung vorzulegen. Wir finden das zugegebenermaßen alles etwas befremdlich.

Schauen wir uns jetzt aber einmal genau an, was wir da beschließen: Europäischer Paulskirchenpreis der Stadt Frankfurt, so lautet der Name, und damit fängt es schon an. Was macht den Preis denn jetzt zum europäischen Preis? Anlass ist die Deutsche Revolution 1848/1849 und verliehen wird der Preis von der Stadt Frankfurt. Was macht ihn denn dann europäisch? Kommen nur Europäer als Preisträger infrage? Das wohl auch nicht. Also, liebe Leute, das ist einfach nur Wortgeklingel, mit dem man eine vermeintlich internationale Gesinnung wie eine Monstranz vor sich herträgt.

                              (Beifall)

Ein einfaches „Paulskirchenpreis der Stadt Frankfurt“ hätte es auch getan. Mir ist auch klar, dass bei den meisten hier im Saal, vor allem auf der linken Seite, alles, was mit Nation, nationalem Gedenken, deutschem Volk und Ähnlichem zu tun hat, geistige Krämpfe und Schnappatmung auslöst, aber warum man einem Monument deutscher Nationalgeschichte geradezu krampfhaft einen internationalen Mantel umhängen muss, erschließt sich dem Normalbürger eher weniger. Kommen wir einmal zum Inhaltlichen. Zitat aus der Vorlage: „Der Preis soll herausragendes Wirken für Demokratie, Freiheit und Rechtsstaat würdigen und insgesamt die Demokratie fördern.“ Mit Verlaub, das ist so allgemein und unverbindlich, darunter kann man sich alles und nichts vorstellen. Und ob ein Preis in der Lage ist, die Demokratie insgesamt zu fördern, da habe ich gewisse Bedenken.

                              (Beifall)

Da fehlt, aus unserer Sicht zumindest, auch jeglicher Bezug zu dem eigentlichen Ereignis, nämlich zur Deutschen Revolution 1848/1849. Man hat vielmehr den Eindruck, das Jubiläum dient nur als Aufhänger. Dann betrachten wir, wer im Kuratorium sitzt und die Preisträger bestimmen soll: erstens die Stadtverordnetenvorsteherin. Gut, das macht Sinn. Zweitens der Oberbürgermeister. Gut, auch das macht Sinn. Drittens die Dezernentin für Kultur und Wissenschaft. Auch das ist nachvollziehbar. Aber bitte schön, was hat die Dezernentin für Diversität und Antidiskriminierung dort zu suchen und was die Dezernentin für Teilhabe und EU-Angelegenheiten? Da keimt bereits der erste Verdacht auf. Weitere Mitglieder: drei Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung, das dürften erfahrungsgemäß dann vermutlich Mitglieder der drei größten Fraktionen sein, und vier Vertreter der Frankfurter Stadtgesellschaft. Wie bitte ist das denn definiert? Sind das die, die bei allen öffentlichen Empfängen ihr Schaulaufen veranstalten? Sind das die Hautevolee oder irgendwelche Aktivisten von NGOs? Keine Ahnung, man kann es nur vermuten. Ferner sieben weitere Mitglieder aus dem öffentlichen Leben der Bundesrepublik Deutschland. Das kann von Wolfgang Schäuble bis Bushido gehen. Herr Müller hat im Haupt- und Finanzausschuss darauf Wert gelegt, dass nur Vertreter demokratischer Parteien in diesem Gremium vertreten sein sollen – und da kann man ihm nur beipflichten. Nur, lieber Herr Müller, warum Sie sich damit von vorneherein selbst ausschließen wollten, habe ich nicht so ganz verstanden.

                              (Beifall)

Aber gut, sei es drum. Meine Damen und Herren, die Vorlage des Magistrats ist aus unserer Sicht vollkommen unzureichend und wird dem Thema nicht gerecht. Man gewinnt vielmehr den Eindruck, der Magistrat wollte noch irgendetwas zum Paulskirchenjubiläum nächstes Jahr beitragen. Das fiel ihm dann offensichtlich kurz vor knapp ein und dann beschloss man, wir machen einmal so einen Preis. Aber sowohl der sehr vage und allgemein formulierte Inhalt dieses Preises als auch die Zusammensetzung des Kuratoriums hinterlassen angesichts der Mehrheitsverhältnisse in diesem Hause bei uns einen weiteren Verdacht: Man könnte da durchaus den Eindruck gewinnen, dass das links-grüne politische Milieu hier die eigene Blase bedienen will. Man verleiht den Preis dann an politisch Gleichgesinnte, klopft sich bei der Preisverleihung öffentlich auf die Schulter, betont, wie toll demokratisch man doch im Gegensatz zu allen anderen sei, und fühlt sich gut dabei. Das hat dann nur nichts mehr mit der Deutschen Revolution und dem ersten deutschen Nationalparlament zu tun, dient aber der politischen Selbstvergewisserung. Keine Ahnung, ob der Magistrat mit diesem Preis meint, in derselben Liga wie der Aachener Karlspreis mitspielen zu können. Sollte er es aber gemeint haben, dürfte das mit dieser Vorlage definitiv nicht gelingen. Wir halten so einen Preis durchaus für eine interessante Idee, aber das ist uns alles zu unausgegoren und mit zu vielen Fragezeichen versehen und deswegen lehnen wir die Magistratsvorlage M 209 ab.

Vielen Dank!

                              (Beifall)